Der Höhen- und Geschwindigkeitsbereich:
Wenn wir den Inhalt der letzten Seiten sowie die verschiedensten Betriebsbeschränkungen zusammenfassen, dann erhalten wir einen Bereich nach Höhe und Geschwindigkeit, in dem das Flugzeug fliegen kann und darf.
Die Ausreizung dieses Bereiches in seinen Grenzgebieten setzt die genaue Kenntnis aerodynamischer Zusammenhänge und technischer Faktoren voraus.
Letztendlich gibt es dem Piloten die Sicherheit, sein Flugzeug jederzeit zu beherrschen und sicher zu fliegen.
Bei Kampfflugzeugen verbessern sich die Möglichkeiten im Luftkampf und in der Zeitbilanz z.B. beim Abfangen in großen Höhen oder der Stratosphäre.
Nicht zuletzt lassen sich anhand des Geschwindigkeits-Höhen-Bereiches (V-H-Bereich) Flugzeuge miteinander vergleichen und deren Gefechtsmöglichkeiten beurteilen.
Höhen- und Geschwindigkeitsbereich

Schauen wir uns obiges Bild genauer an.
Es zeigt den zulässigen V-H-Bereich einer MiG-21 für eine bestimmte Flächenbelastung, d.h. für ein bestimmtes Fluggewicht (Kraftstoff, Bewaffnung usw.)
Links sehen wir in der senkrechten die Höhe in Kilometern, unten waagerecht die Geschwindigkeit in km/h bzw. die M-Zahl.
Beginnen wir mit den Begrenzungen durch die minimalen Geschwindigkeiten (linke Begrenzung).

    1. die minimale Geschwindigkeit Vmin: das ist die minimale Geschwindigkeit im Horizontalflug mit ca,max. Damit kann natürlich keiner richtig fliegen und sie hat nur theoretische Bedeutung. Deshalb wurde eine
    2. minimal zulässige Geschwindigkeit Vmin,zul festgelegt. Sie wird durch den maximalen zulässigen Anstellwinkel begrenzt. Diese Geschwindigkeit sollte im täglichen Betrieb nicht unterschritten werden.
    3. die Evolutionsgeschwindigkeit VG,ev: das ist die kleinste Gerätegeschwindigkeit, die für einen Flugzustand bzw. für ein Flugmanöver nutzbar ist. Sie wird aus Gründen der Flugsicherheit (Anstellwinkelreserve, Stabilitäts-und Steuerbarkeitsprobleme) festgelegt. Bei der MiG-21 liegen diese Geschwindigkeiten am Boden bei ca. 220 km/h, 300 km/h und 400 km/h, wie im Bild oben erkennbar. Die Geschwindigkeiten steigen natürlich mit zunehmender Höhe an, ist doch eine Einflussgröße auf den Auftrieb die Luftdichte und die nimmt nach oben hin ab. Um den gleichen Betrag an Auftrieb zu erzeugen muss ich zwangsläufig schneller fliegen.
    Diese Geschwindigkeiten werden nach oben begrenzt durch die Linie der minimalen Geschwindigkeit in Abhängigkeit vom erforderlichen Schub. Ich kann also auf Grund der hohen Anstellwinkel (geringe Geschwindigkeit, niedrige Luftdichte) den auftretenden Widerstand nicht mehr kompensieren. Mit zunehmender Höhe muss ich also schneller fliegen, um in den Bereich geringerer Anstellwinkel zu gelangen. Je größer die M-Zahl (Geschwindigkeit), desto höher kann ich noch fliegen. Rein praktisch gesehen erreicht man die statische Gipfelhöhe nur im Bereich von M-Zahlen größer 1,5. Auf der rechten Seite wird der V-H-Bereich begrenzt durch die maximalen Geschwindigkeiten.

Kurze Erklärung der Geschwindigkeiten:
die Gerätegeschwindigkeit VG ist die Geschwindigkeit, mit der das Flugzeug umströmt wird. Sie ist dem dynamischen Druck proportional und fehlerbehaftet, da die Skale des Fahrtmessers für die Normdichte kalibriert ist. Die VG wird mit Hilfe des Staurohrs gemessen und am Geschwindigkeitsmesser durch einen dicken Zeiger angezeigt. Sie ist Grundlage aller aerodynamischen Berechnungen.
Die wahre Geschwindigkeit VW ist die entsprechend der höhenabhängigen Dichteänderung korrigierte Gerätegeschwindigkeit. Sie ist zwar ebenfalls fehlerbehaftet, entspricht aber mit hinreichender Genauigkeit der Relativgeschwindigkeit zwischen dem Flugzeug und der von diesem ungestörten Luft. Sie wird verwendet für navigatorische und flugmechanische Belange.
In einer Flughöhe von 12 km ist die wahre Geschwindigkeit doppelt so groß wie die Gerätegeschwindigkeit. Die wahre Geschwindigkeit wird auch verwendet, um im Verhältnis zur Schallgeschwindigkeit die Machzahl zu bestimmen. Praktisch gilt M = VW/a, wobei a die Schallgeschwindigkeit ist. Die Schallgeschwindigkeit berechnet sich nach der Formel a = 340 – 4 * H (in km). Am Boden beträgt a nach der Formel ca. 336 m/s (ca. 1.200 km/h), in 10 km Höhe nur noch 300 m/s (ca. 1080 km/h). Die Formel gilt für Höhen bis 11.000 m danach bleibt die Schallgeschwindigkeit (für unsere Zwecke) gleich.

Begrenzungen durch maximale Geschwindigkeiten (rechte Begrenzung)
    1. die maximal zulässige Gerätegeschwindigkeit VG,max,zul: ist die größte zulässige Gerätegeschwindigkeit infolge von Festigkeitsbegrenzungen der Zelle und des Triebwerkes. Aus obiger Erklärung der Fluggeschwindigkeiten ergeben sich für gleichbleibende Gerätegeschwindigkeiten mit zunehmender Höhe größere Werte für die wahre Geschwindigkeit und damit auch für die M-Zahl.
    Aus diesem Grund wird die maximale Gerätegeschwindigkeit von 1.200 km/h in großen Höhen abgelöst durch die
    2. maximal zulässige Machzahl Mmax,zul: das ist die größte zulässige Flugmachzahl, festgelegt als Folge von Stabilitäts -und Steuerbarkeitsproblemen sowie der Bremsungstemperatur (aerodynamische Aufheizung), bei der MiG-21 M=2,05
    3. die maximale M-Zahl Mmax: ist die Machzahl, die durch den Schub des Triebwerkes erreicht werden kann.
    Sie liegt natürlich in großen Höhen bei höheren Werten als in Bodennähe. Durch die aerodynamischen Zusammenhänge kommt es dazu, dass im Bereich der dynamischen Gipfelhöhe die Machzahl recht groß ist, dabei aber Gerätegeschwindigkeiten von 450 km/h (nahe der minimal zulässigen Gerätegeschwindigkeit) erreicht werden. Es ist daher ein Trugschluss zu glauben, dass ein Flugzeug, welches mit M=2 unterwegs ist, gegenüber der umströmten Luft auch richtig schnell ist. Auf Grund der niedrigen Gerätegeschwindigkeiten ist die Manövrierfähigkeit dabei stark eingeschränkt, z.B. sind Kurven mit großen Schräglagen nicht mehr fliegbar.