Wir schreiben das Jahr 1981.
Gesundheitlich hatte sich bei der ersten Nachuntersuchung in Königsbrück nichts Neues ergeben.
Inzwischen hatte ich die schriftlichen Abiturprüfungen hinter mich gebracht und verabschiedete mich von meiner Umwelt, um zwischendurch mal eben kurz Fliegen zu gehen. Es waren 14 Tage Frühjahrsferien, in denen ich mich in Schönhagen der zweitschönsten Sache der Welt widmen wollte.
Samstag, der 09.05.1981
Der Zug von Weißenfels nach Luckenwalde war zum einen unheimlich voll und hatte am Ende 30 Minuten Verspätung, was uns zu einer kleinen Sprinteinlage in Richtug Anschlusszug zwang. In Trebbin ging´s dann erstmal in die Kneipe auf ein Bier, man war zwar noch 17 aber doch schon Abiturient. Wie nicht anders zu erwarten, hatten sich jede Menge bekannte Gesichter versammelt.
In Schönhagen angekommen wurden erstmal alle Formalitäten erledigt.
Fluglehrer, wie gehabt Kamerad Deumeland, Unterkunft für die eine Woche das Zimmer 160.
14:00 Uhr Ausgabe der Dienstbekleidung, wer als erster fertig war, stürmte in die Bibliothek, um evtl. das einzige Exemplar von „Lady Chatterlay“ zu ergattern. Das Buch war zwar ganz schön dick, aber findige Leute hatten auf die erste Innenseite die interessanten Seitenzahlen geschrieben. So „schaffte“ man das Buch in relativ kurzer Zeit und konnte es kameradschaftlich weitergeben. Ich glaube, ein anderes Buch wurde so gut wie nicht ausgeliehen. Soviel zur Kultur ;-).
15:20 Beginn der Bodenvorbereitung in den Fluggruppen. Wir fliegen, wenn das Wetter so schön bleibt, in der zweiten Schicht. Das bedeutet zwar Frühsport, aber auch ein wenig Ruhe am Vormittag. Zwei Zonen mit Kunstflug, Platzrunden und eine Strecke stehen für mich auf der Planung. Mal sehen, wie ich nach der Flugpause zurechtkomme.
Jetzt ist es 17:00 Uhr. Vor mir auf dem Tisch liegt das ganze Streckenzeug. Navigationsschieber, Karte usw. Die Streckenvorbereitung muss ich heute abend machen. Jetzt fehlt mir die Lust. ich muss mir sowieso nochmal die Windberechnung durch den Kopf gehen lassen.
18:00 Uhr ist Abendessen, eine halbe Stunde später offizielle Eröffnung des Lehrgangs.
Geb es unser Wetterdienst, dass morgen schönes Wetter ist.
Sonntag, 10.05.1981
Flugtag – der erste.
Das Wetter zeigt sich heute von seiner schönen Seite, s.d. wir den geplanten Flugdienst durchführen konnten.
Zweite Schicht bedeutet Fliegen von 13:00 Uhr bis 19:00 Uhr.
Heute Morgen war 6:00 Uhr Wecken, aus unerfindlichen Gründen fiel der von mir „ersehnte“ Frühsport aus.
Nach dem Frühstück zwei Stunden zum Vergammeln und zur Flugvorbereitung.
09:30 Uhr begann das Flugspiel in der Fluggruppe, d.h. die Zulassung zum Flugdienst. Auf die 4 Fragen zu verschiedenen Themen bekam ich 4 mal die Note 1.
Anschließend durfte ich beim Leiter der Fliegerschule antreten, um eine Sonderaufgabe zu erfüllen. Ich muss nun täglich die Flugplantabelle vom Schmierblatt auf einen großen Flugplan in Reine übertragen. Wer zum Teufel hat sich das einfallen lassen.
Nach dem Mittag ging´s dann raus auf den Platz zum Flugdienst.
13:05 Uhr war ich in der Luft, um das auszuprobieren, was von Navigation noch übrig war. Anfangs hatte ich ganz schön zu rudern, um alles in den Griff zu bekommen, vor allem die Utensilien so zu verwalten, dass nichts im Wege rumlag, aber gleichzeitig alles in Griffweite war. Mit der Zeit spielte auch die Flugkarte mit und ich kam dazu, diesen Flug zu genießen. Schließlich waren mehr als 10 km Sicht und strahlend blauer Himmel, da macht es Spaß, durch die DDR zu schaukeln. (siehe Streckendokumente unten)
Zwischen den Flügen betätigte ich mich noch als Tankwagenfahrer und fuhr auch mit dem „Stoffhund“ (Trabbi-Kübel) das Essen holen.
Bei den Zonen gab´s den üblichen Mix aus Übung 18. Vollkreise, Trudeln, Kampfkurve, Abschwung, Looping, Aufschwung und Rolle.
Morgen werde ich dann erstmal nicht fliegen – bin zum technischen Dienst eingeteilt.
Flugzeit heute: 2:48, Starts 8
Flugzeit gesamt: 27:06, Starts 133
Flugtag – der zweite.
Heute gab´s was in Sachen technische Bildung.
Zuerst hatten wir die Aufgabe ein wenig an einer „Morava“ rumzuschrauben und sie sauber zu wischen.
Dann gab´s aber bessere Arbeit. Ein Jeep war zu reparieren. Beide Sitze des Autos waren abgebrochen. Also schweißen. Es war auch jemand da, der sowas hatte wie einen Schweißerpass und es ging los. Nach 10 Minuten hatte aber der Gasentwickler keine Lust mehr und stellte die Arbeit ein. Gereinigt und gelüftet, anschließend neu gefüllt, tat er anschließend wieder, wozu er da war. Nach Abschluss der Sitzreparatur mussten sie natürlich auf Haltbarkeit geprüft werden. Dies wurde bei einer ordentlichen Probefahrt auch gemacht.
Zum Schluss wartete die „Morava“ nochmal auf uns.
Dienstag, 12.05.1981
Flugtag – der dritte.
Das Wetter war heute wieder herrlich. Wolkenloser Himmel und ein moderater Wind machten einen Flugbetrieb möglich.
Ich war als erster auf der DDR-WMF dran. Die Strecke 501 über Belzig, Nedlitz nach Magdeburg und zurück wollte geflogen werden. Bei 10 km Sicht und kaum Thermik war es kein Problem, alle Wendepunkte zu finden und nach einem kurzen Smalltalk mit Magdeburg und einer Ehrenrunde um den Flugplatz nach Schönhagen zurück zu fliegen.
Anschließend durfte ich mal wieder den Tankwagen fahren und die „Mühlen“ mit Sprit versorgen.
Nach zwei Kontrollplatzrunden mit Fluglehrer, bekam ich die Zulassung zu Alleinplatzrunden, von denen ich 5 Stück mit der DDR-WML absolvierte. Bei 30 km Sicht hatte ich auch Gelegenheit, mir mal Berlin aus der Luft zu begucken. (Jahre später hatte ich dieses Erlebnis öfter, auch bei nacht, da unsere Strecke in großen Höhen, 7000 – 8000 m, über das südliche Berlin führte)
Flugzeit heute: 1:57, Starts 8
Flugzeit gesamt: 29:03, Starts 141
Flugtag – der vierte.
Bei herrlichen Wetter hatten wir heute Flugdienst von 13:00 – 19:00 Uhr. Auf der Flugplanung standen für mich eine Strecke und eine Zone.
Die Strecke führte vom Blankensee über Beelitz, Groß Kreutz, Berge, Rathenow, Wusterwitz, Groß Kreutz zum Blankensee zurück. Bis Rathenow flogen wir in 100 m. Da bekommt man erstmal mit, wie schnell man eigentlich unterwegs ist.
In der Zone ging´s dann munter weiter mit Trudeln, Kampfkurven, Abschwüngen, Loopings, Rollen und das alles rechts und links rum.
Mittlerweile bin ich auch sowas wie festangestellter Tankwagen -und Trabbi-Kübel-Fahrer.
Ansonsten wäre es langsam mal gut mit der Hitze, irgendwie warten alle auf ein Gewitter.
Flugzeit heute: 1:45, Starts 2
Flugzeit gesamt: 30:48, Starts 143
Flugtag – der fünfte.
Das Wetter ist wider Erwarten immer noch tadellos.
Der Wind hat sich wieder beruhigt, nur die Thermik fühlt sich wohl und ärgert uns.
Heute habe ich mit dem letzten Ausbildungsteil, dem Instrumentenflug, begonnen. 2 Starts der Übung 21 standen auf meinem Programm.
Dazu wird die linke Seite, auf der der Flugschüler sitzt, komplett mit einer Haube verhängt. Das hat zur Folge, dass man nicht nach draußen sehen kann.
Den Start führt der Fluglehrer durch und übergibt dann in sicherer Höhe dem Schüler die Steuerung.
In der Zone geht es dann nur nach Geräten um die Kurven, hoch und runter. Dabei muss man dann den Flugzustand nach dem künstlichen Horizont und anderen Geräten bestimmen, die Höhe, den Kurs und die Geschwindigkeit halten. Das ist ganz schön kompliziert, weil man auf so viele Sachen gleichzeitig achten muss. Dabei ist mit der Steuerung vorsichtig umzugehen, um nicht aus einem Sinkflug gleich in einen Steigflug zu wechseln.
Da das Wetter aber relativ ruhig war und keine große Thermik das Fliegen erschwerte, machten die Flüge auch Spaß.
Zwischen den beiden Instrumentenflügen war noch Zeit für 6 Alleinplatzrunden.
Am Abend kam dann auch endlich das langersehnte Gewitter.
Flugzeit heute: 1:34, Starts 8
Flugzeit gesamt: 32:22, Starts 151
Strecke 34: Schönhagen – Magdeburg
Strecke: Schönhagen – Friedersdorf
Strecke: Schönhagen – Laucha
Hier enden meine Eintragungen.
Insgesamt flog ich auf der Z-42 knapp 42 Stunden, schaffte das komplette Ausbildungsprogramm und bestand die Abschlussprüfung mit insgesamt sehr guten Ergebnissen.
Im Juni hatte ich die mündlichen Abiturprüfungen, damit war meine Schulzeit endgültig vorbei.
Bereits seit Ende 1979 stand dann auch schon fest, wie es weitergeht. Der Personalmangel in den fliegenden Einheiten schlug schon durch, so dass ich, ohne die sonst für Abiturienten übliche einjährige Berufsausbildung, direkt mit dem Studium anfangen sollte.
So machte ich mich denn auch am 28.August 1981 mit dem Zug auf den Weg nach Kamenz, dem Ort unserer Einberufung.